Dienstag, 26. April 2011

The Good, the Bad, the Meh - Portal 2

Moment mal, was ist mit Bulletstorm? Wo ist Dead Space 2? Need for Speed Shift 2? Crysis? Was ist mit Spielen, die nicht von EA sind? Äh, ja, die sind zum Teil schon zu "alt" für ein Review und Portal 2 ist einfach grad am wichtigsten. So.

Entwickler: Valve Software
Publisher: EA
USK-Version ungekürzt: Ja

Erinnern wir uns kurz zurück. 2007 bescherte Valve Konsolenspielern mit der Orange Box ein unfassbar gutes Spiele-Paket. Half-Life 2, Episode I und II, Portal und Team Fortress 2, und das alles für 60 Tacken. Ein grandioser Deal. Gut, PS3-Spieler mussten mit mäßigen Umsetzungen leben, aber einerseits sind die das ja gewohnt und andererseits waren die Titel trotzdem spielbar und immer noch grandios. Lustigerweise war ausgerechnet Portal der Star der Sammlung, das vorher niemand so richtig auf der Rechnung hatte. Und während wir immer noch auf ein Lebenszeichen von Half-Life 3 (oder zumindest der Episode III) warten, gibt's jetzt den vollpreisigen Nachfolger von Portal und die Erwartungen sind gigantisch. Kann man diese Erwartungen überhaupt erfüllen? Let's see...

Eins noch vorweg: Den Koop-Modus konnte ich bislang noch nicht ausprobieren, weil Sonys PSN seit Tagen down ist. Das ist so absurd und peinlich und hat das Zeug zum echten Fiasko, wenn Sony irgendwann zugeben muss, dass sämtliche Kreditkarteninformationen futsch sind oder das ganze System nicht mehr wiederherzustellen ist. Wir sind gespannt.


The Good

Brainteaser
Ich bin von schlichtem Gemüt und bis heute vom tiefgekühlten Croissant mit Eiscreme-Füllung fasziniert (wie machen die das?!), insofern ist ein solches Lob von mir nicht viel Wert. Wohl aber die Tatsache, dass die Entwickler den Spagat zwischen pupseinfach und Gehirnknoten deluxe einfach perfekt hinbekommen. Immer dann, wenn man verzweifelt, sieht man dann eben doch wieder den Wald zwischen den ganzen Bäumen, kommt auf die Lösung, verkackt dabei zwei oder drei Mal, schafft es irgendwann und freut sich wie Bolle. Das gibt's nirgendwo anders, schon gar nicht in Spielen aus der Ego-Sicht, wo die größte Herausforderung meist darin besteht das nächste Skript zu triggern. Portal 2 ist schlau, gibt dem Spieler aber das Gefühl es auch zu sein. Grandios!

Innovation in bunten Farben
Ich hatte anfangs Schiss ob der zahlreichen neuen Spielelemente. Portal war eben gerade deswegen so brillant, weil man mit einem einzigen Gameplay-Mechanismus stundenlang vor immer neue Herausforderungen gestellt wurde. Portal 2 schmeißt Lichtbrücken, Transportröhren und bunte Gels in den Raum, die sich aber nahezu nahtlos einfügen und die gleiche Faszination ausüben. Die Portal-Kanone tritt zwar etwas in den Hintergrund, was dem Spaß aber keinen Abbruch tut.

Tränen der Rührung?
Nein, es sind feuchte Augen angesichts der brüllend komischen Dialoge. Der kleine Roboter-Kumpel Wheatley ist das Witzigste was ich seit Jahren in einem Videospiel zu hören bekommen habe. Auch GlaDOS gibt sich keine Blöße und J.K. Simmons als Aperture-Gründer verschafft der ganzen Chose sogar noch eine Portion Tiefe. Der Gag mit dem stummen Protagonisten ist zwar langsam ausgelutscht, aber wird glücklicherweise auch nicht allzu sehr ausgereizt.

(Kein) Kommentar
Die Orange Box hab ich gleich zwei mal durchgespielt (abgesehen von TF2 natürlich), denn für Episode I und II, sowie Portal gab's Entwicklerkommentare, clever in Form von Sprechblasen integriert. Das war gleichermaßen aufschlussreich wie unterhaltsam. Portal 2 hat ebenfalls wieder eine Kommentarfunktion und auch wenn die Sprechblasen subjektiv seltener anzutreffen sind, es gibt viel zu erfahren und zu lachen. Das möchte ich in JEDEM Spiel haben, bitte.

Nolan North
Wir alle lieben Nolan North, weil er Nathan Drake spricht. Und wir alle hassen Nolan North, weil er zeitweise jeden dritten Hauptcharakter in einem Videospiel vertont hat. Er ist auch in Portal 2 dabei, allerdings fast ausschließlich für defekte Turrets verantwortlich und das Ergebnis ist so brüllend komisch, dass ich im Turret-Test-Center locker 20 Minuten verballert hab, um den Dingern zuzuhören.

Steam
Ich mag den rein digitalen Vertrieb von Spielen nicht und besitze kein einziges über Steam gekauftes Spiel. Das wird sich auch so lange nicht ändern, bis es nicht mehr anders geht. Steam ist aber schon allein deswegen gut, weil alles gut ist, was das PSN zum Teil ersetzt.

Klingt gut
Egal, ob Musik oder Sounds, Valve schafft es immer wieder ihren Spielen eine sehr eigene Akustik zu verleihen. Portal 2 ist keine Ausnahme. Die Musik ist unaufdringlich, treibt in spannenden Momenten an und begleitet Erfolgserlebnisse. Jeder Schalter und jedes andere Geräusch sind atmosphärisch meisterhaft eingebunden und erinnern gerade im Mittelteil an Half-Life 2.


The Meh

Länger, nicht viel mehr
Portal war kurz (auch wenn ich dank der Challenge-Level und der Kommentar-Funktion locker drei Tage mit dem Spiel zugebracht habe), Portal 2 ist länger. Länger ist nicht automatisch besser und gelegentlich fühlt sich Portal 2 etwas gestreckt an. Einerseits hatte ich stellenweise keinen Bock mehr auf "noch ein Testchamber", andererseits fühlten sich einige Story-Passagen etwas leer und öde an. Es liegt in der Natur der Sache. Portal hatte deswegen so gut funktioniert, weil die Spielmechanik limitiert war und in komplexen Levels an ihre Grenzen geführt wurde. Portal 2 wirft neue Mechaniken in den Pool, aber auch die können nicht verhindern, dass die Angelegenheit irgendwann leicht ermüdet. Mag aber auch einfach daran liegen, dass die Hirnwindungen hier fast immer auf Hochleistung gebracht werden, echte Pausen gibt's keine. Das ist anstrengender als die Moorhuhn-Varianten, die man sonst so vorgesetzt bekommt.

Und nu?
Abgesehen von Entwicklerkommentar gibt's keinerlei Extras. Dabei wären Making-Ofs oder Hintergrundinformationen sehr willkommen gewesen. Stattdessen gibt's ne iPad-App für 2 Dollar, die die Story von Portal 2 beschreibt. Challenge-Versionen von Testräumen gibt's ebenfalls keine, was den Wiederspielwert schmälert.


The Bad

Gott, siehst du scheiße aus!
Künstlerisches Design hin oder her, Portal 2 sieht echt fünf Jahre alt aus. Die Source-Engine kommt in die Jahre und einige schicke Effekte können das nicht ändern. Noch dazu läuft Portal 2 trotz der Micker-Optik "nur" mit 30 Bildern und setzt einem zum Teil Texturen vor, die so auch auf ner PS2 drin wären. Es macht das Spiel keinen Deut schlechter und spielt im Prinzip keine Rolle, aber es ist nicht zu leugnen.

Schritt für Schritt
Der Half-Life-Trick wird immer noch angewandt. Man läuft fünf Meter, kurze Ladepause, fünf Meter laufen, kurze Ladepause, und so weiter. Die Ladezeiten sind kurz, aber so regelmäßig, dass es schon dezent auf die Nüsse geht. Kein Beinbruch, aber ein weiterer Grund für Valve so langsam mal ne neue Engine zu präsentieren...

Zur Kasse, bitte.
Valve kann doch nicht ernsthaft so blöd sein. Da bringt man nicht nur an Tag 1 DLC raus, es sind auch noch Animationen für die Koop-Charaktere zu je 2 Euro. Ernsthaft, sowas beknacktes hab ich noch nicht gesehen. Mal abgesehen davon, dass derlei Schotter selbst als Freebie im Spiel für mich herzlich uninteressant wäre, da gibt doch im Leben keiner 2 Tacken für aus, oder? Portal 2 schlägt eine Welle der Entrüstung entgegen, die natürlich total beknackt ist. Wird ja schließlich keiner gezwungen den Mist zu kaufen. Aber die Blödheit dem Schmonz zum Start des Spiels anzubieten, gehört auch bestraft. Hätte man ein, zwei Monate gewartet, hätte sich keine Sau so aufgeführt. Jetzt sind alle beleidigt. Vor allem die PS3-Spieler, die den Quatsch derzeit sowieso nicht kaufen können.


Maik says:
Der Originalitäts-Faktor ist erheblich geringer, was ja auch zu erwarten war. Aber Valve macht das einzig richtige: Mehr vom Bekannten, genug neues und eine Prise Half-Life 2, die für mehr inhaltliche Relevanz und Hintergrundinformationen sorgt. Das Ergebnis sind acht Stunden Gehirnakrobatik, brüllend komische Dialoge und literweise Glücksgefühle. Ich bin gespannt auf den Koop und hoffe, dass der ähnlich langlebig ist, aber selbst ohne den ist Portal 2 ein grandioses Spiel für alle, die mehr als drei Gehirnzellen übrig haben. Einziger Kritikpunkt ist die schrottige Optik. Da geht erheblich mehr und wenn man sich schon so einschränkt, dann dürfte das wenigstens mit 60 Frames laufen. Oh, und wer Portal 1 noch nicht kennt, kann sich Portal 2 erst mal abschminken, weil man eh nix schnallt, aber ohnehin nicht verdient zu leben. Auftrag für die Totgeweihten: Portal 1 nachholen und dann sofort Portal 2 nachschieben, ihr Maden!

9/10

P.S.: Die Screenshots sind übrigens alle fett geschönt.

6 Kommentare:

  1. Hm, hol ich mir später. So geil bin ich gerade nicht drauf. Den Koopmodus will ich aber auf jeden Fall irgendwann mit einem Kumpel zocken.

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  2. Warum Portal 1 nachholen? Das Ding hat doch sowieso keine bedeutende Story, oder? Man absolviert eigentlich nur Tests...

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  3. @ Markus: Portal 1 ist ein tolles Erlebnis, das musst du nachholen. Kaum einem Spiel gelingt es so gut, Erfolgserlebnisse in richtigen Zeitabständen zu liefern und immer wieder aufs Neue zu fordern und zu überraschen. Die Story ist nebenbei auch ganz nett, also: kaufen!

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  4. "Keine Story" ist nicht ganz richtig. Zwar besteht das Spiel zu großen Teilen nur aus Prüfungsräumen, aber da ist eben noch mehr. Ich würde Portal 2 jedenfalls nicht uneingeschränkt empfehlen, wenn man den Vorgänger nie gespielt hat. Oder eher anders herum: Wenn Portal 2 auch nur im Entferntesten interessant klingt, dann sollte Portal 1 sofort auf die ToDo-Liste. :)

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  5. Glados, Kuchen und der Abspann sind genug Gründe, den ersten Teil auch jetzt noch zu spielen. Punkt.

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  6. OK,OK überredet... habs sowieso damals kostenlos bei Steam bekommen. So knorke fand ich es jetzt nicht, aber werde mir mal einen Ruck geben, es auch mal weiterzuspielen.

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