Mittwoch, 17. Februar 2010

The Good, the Bad, the Meh - Heavy Rain

Fünf Jahre nach Fahrenheit (aka Indigo Prophecy) will David Cage dem "Interactive Drama" endlich zum Durchbruch verhelfen.




Entwickler: Quantic Dream
Publisher: Sony
USK-Version ungekürzt: Ja


Der Begriff Interaktiver Film ist eher ein Schimpfwort, was Vertretern dieses Genres aus den 90ern anzulasten ist, in denen der Spieler letztendlich mehr oder weniger eine DVD vorgesetzt bekam, in der man ab und zu weiter klicken musste. David Cage ist ein Visionär, der diesem vernachlässigten Genre neues Leben einhauchen will. Das hatte mit Fahrenheit 2005 ganz gut geklappt, allerdings ging den Entwicklern irgendwann das Geld aus und Cage der Verstand verloren. Anders war die hanebüchene Entwicklung der Story mit Fantasy-Elementen nicht zu erklären. Heavy Rain soll alles besser machen und das Interactive Drama massentauglich machen. Sony hat's überzeugt, denn immerhin ließ man Cage und sein Team fünf Jahre dran basteln.




The Good

Soundtrack
Da kann man sagen was man will, die Musikuntermalung ist großartig. Dezent im Hintergrund bei ruhigen Szenen, dröhnend im Vordergrund bei Action-Passagen, aber immer perfekt aufs Geschehen zugeschnitten.

Menschenmassen
Das muss man schon zugeben, wenn man mit Ethan durch nen Bahnhof schlendert und um ihn herum locker 100 Leute rumwuseln, dann sieht das durchaus beeindruckend aus.

Mehr Licht
Die Beleuchtung ist stellenweise wirklich großartig und gelegentlich wirkt das Geschehen auf dem Bildschirm wie eine wunderschöne Szene aus einem klassischen Point-&-Click-Adventure, mit dem Unterschied, dass man sich hier frei bewegen kann.

Virtual Reality
In der Gestalt des FBI-Agenten darf man gelegentlich in einer Art Virtual Reality auf Spurensuche gehen und bereits gespeicherte Hinweise und Akten untersuchen. Das ist banal, aber unterhaltsam und originell gemacht.

Anders als die Anderen
Ob man es nun mag oder nicht, Heavy Rain ist nur mit wenig anderen Spielen vergleichbar. Es ist kein klassisches Adventure, kein Actionspiel und auch kein Action-Adventure. Es ist ein spielbarer Krimi.





The Meh

Die Story

Wer alle paar Wochen mal nen Tatort guckt und "8 Blickwinkel" für unglaublich clever hält, der dürfte mit Heavy Rain durchaus Spaß haben. Wer schon mal die ein oder andere Folge Columbo gesehen hat und ansonsten lieber etwas komplexere Geschichten erlebt, der sollte nicht zu viel erwarten. Heavy Rain bedient sich bei atmosphärisch "Sieben" und "Saw", kommt aber nie an deren Niveau heran und alles in allem bleibt die Geschichte banal und konstruiert. Das liegt nicht ausschließlich an der Grundstory, sondern auch an der mitunter holprigen Dramaturgie, die man als Spieler gewollt oder ungewollt beeinflusst. Einige Szenen sind unfreiwillig komisch und für ein Spiel, dessen Fokus einzig und allein auf dem Inhalt liegt, sind zahlreiche Dialoge erschreckend scheiße.

Links, rechts, Dreieck
Die Quick-Time-Events sind grundsätzlich ordentlich implementiert und auch hier bleibt das Grundprinzip Geschmackssache. Die teilweise schwer erkennbaren und vor allem nicht immer eindeutigen Kommandos dagegen sind einfach doof, aber glücklicherweise nicht übertrieben oft zu beobachten.

Geschnitten oder am Stück?
Wer ein QTE versaut, muss mit den Folgen leben, Neustarts gibt's nicht. Das ist in den meisten Fällen auch völlig ohne Belang, doch bei Bildschirmtoden natürlich schon was anderes. Zwar gibt es eine Kapitelanwahl, doch spielt man diese dann weiter, sind die anschließenden Szenen nicht mehr konsistent. Das führt dann schon mal zu Gesprächen zwischen zwei Charakteren über dramatische Ereignisse, die gar nicht stattgefunden haben. Heavy Rain komplett von vorne bis hinten durchzuspielen, ist natürlich möglich, allerdings ist schon allein der Prolog beim zweiten Durchlauf sterbenslangweilig und die Begeisterung über QTEs beim Saft trinken, ist eher spärlich.






The Bad

Charakterlos
Wir sind uns sicher, dass sich Cage sehr viele Gedanken um seine Charaktere gemacht und sie fein ausgearbeitet hat. Das macht die Praxis umso tragischer. Wir vermeiden an dieser Stelle mal Spoiler, doch manche Interaktion zwischen den Charakteren wirkt einfach nicht mal ansatzweise glaubwürdig, auch weil der Spieler unter Umständen Schuld hat. Wer ein Minispiel versaut, kann schon mal eine Szene vorenthalten bekommen, die aber die Chemie zwischen den Charakteren besser erklärt hätte.

Motivation
Der Spieler kann die Art und Weise wie sich Charaktere verhalten recht oft beeinflussen. So darf man zu Anfang seinen Sohn verhätscheln oder ohne Essen ins Bett schicken. Die Frage ist nur, warum man sich für eines von beiden entscheiden sollte, schließlich kennt der Spieler Ethan kaum. Das führt zu drei möglichen Folgen: 1. Der Spieler entscheidet sich willkürlich, was den Charakteren eine Jekyll & Hyde-Attitüde verpasst. 2. Der Spieler entscheidet sich für einen bestimmten Weg, muss dann aber in Sequenzen ohne Einfluss andere Verhaltensmuster beobachten. 3. Egal, wie man sich in den alltäglichen Momenten entscheidet, sie bleiben für den Verlauf der Geschichte völlig belanglos, was von der Faszination einiges kaputt macht.

Gehirn aus
Heavy Rain will kein klassisches Adventure sein und doch hätten ein paar Rätsel dem Spiel gut zu Gesicht gestanden. Es gibt nichts dergleichen und im Grunde spielt sich Heavy Rain fast von selbst.

Maik says:
Ich mochte Fahrenheit (zumindest bis zum letzten Drittel, in dem Cage alles vorangegangene zerstören musste), aber das ist halt auch schon fünf Jahre her. Seitdem hat sich nicht viel getan, denn Heavy Rain ist eigentlich das Gleiche nochmal. Die Optik ist edler, das visuelle Design stimmiger, aber das Gameplay ist nachwievor nicht vorhanden und ausgerechnet in den wichtigsten Bereichen Story und Charaktere bleibt das Spiel hinter den Erwartungen zurück. Die Auflösung ist unglaubwürdig und noch dazu glatter Beschiss. Cage will die Charaktere und deren Verhalten in den Vordergrund rücken, aber gerade hier passt nicht alles zusammen und als Spieler sind viele zu treffende Entscheidung pure Willkür, weil der Hintergrund fehlt. Was bleibt ist ein zweitklassiger Krimi, in dem man gelegentlich ein paar Knöpfe drücken darf. Zeitweise unterhaltsam, aber insgesamt zu flach, um länger haften zu bleiben.

6/10

1 Kommentar:

  1. sauber maik guter test,
    4players review ist auch raus und hat die unfassbare 94% bekommen, man bedenke da ein uncharted 2 90% bekommen hat, funny

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